Die Sonderausstellung „Nam June Paik: I Expose the Music“ zeigt die bahnbrechende Rolle des Künstlers zwischen Kunst, Performance und Musik. Sie beleuchtet dabei vor allem Live-Momente, Interaktivität und künstlerische Kollaborationen.
Paik ist den meisten als Vater der Videokunst bekannt. Er war allerdings gelernter Komponist und Pianist – oder auch „the world’s most famous bad pianist“, wie er sich selbst gern bezeichnete – und die Musik Ausgangspunkt seiner künstlerischen Karriere. Diese stand auch später immer wieder im Zentrum seiner Arbeiten – Videokunst eingeschlossen. In seinem Manifest von 1963 schrieb er: „Ich habe aufgehört, die Musik aufzuführen, ich stelle die Musik aus.“ Die Ausstellung im Dortmunder U zeigt alle Facetten von „LIVE“ im Werk dieses Pioniers der Medienkunst: musikalische Aufführungen, Fernsehübertragungen, originale Partituren, außerdem Audio- und Videoarbeiten, Fotografien und Installationen. Heute kann jede*r über Instagram oder TikTok „Live gehen“. Umso mehr belegen Paiks z. T. 50 Jahre alten Arbeiten, wie groß seine Pionierleistung in Sachen Live-Performance gewesen ist. Sie nahmen heutige Entwicklungen der Gegenwartskunst, der Medien- und Alltagswelt vorweg. Der Künstler entwarf außerdem zahlreiche interaktive Arbeiten, die erst in Ausstellungen aktiviert wurden. Aus der Sammlung des Museum Ostwall stammt z. B. ein solches Schlüsselwerk Paiks, das „Schallplatten-Schaschlik“ (1963/1980). In den Werken „Random Access“ (1963/2000) oder „Participation TV“ (1969/1982) können Besucher*innen in der Ausstellung sogar selbst Sound bzw. TV-Bilder erzeugen. Höhepunkt der Ausstellung ist die Deutschlandpremiere der „Sistine Chapel“ (Sixtinische Kapelle, 1993/2019). Diese bild- und soundgewaltige Rauminstallation ist ein wilder Remix der Pop- und Kulturgeschichte. Mit Hilfe dutzender Projektionen und überbordender Klänge tauchen Besucher*innen auf einer Fläche von fast 300 m2 in eine multimediale Welt ein. Das Werk entstand für die Biennale in Venedig – lange bevor heutige digitale Technologien Immersion z. B. durch IMAX Leinwände oder VR-Brillen ermöglichten. Ähnlich wie Michelangelos ikonische Fresken im Vatikan bespielt Paik für „Sistine Chapel“ die Wände und Decken eines ganzen Raums mit seiner eigenen popkulturellen Version der Geschichte der Menschheit.
Paik, der in Korea geboren wurde und später in Japan, Deutschland und den USA gelebt hat, arbeitete oft mit anderen Künstler*innen oder Musiker*innen zusammen, schuf mit ihnen gemeinsam Werke und Performances. Seine Kunst überwindet mühelos nationale Kulturvorstellungen und Genregrenzen. Einige Ergebnisse dieser Kollaborationen, z. B. mit Charlotte Moorman, Dieter Roth oder Karlheinz Stockhausen, sind in der Ausstellung zu sehen. Und schließlich beweisen vier zeitgenössische Performancekünstler*innen im direkten Bezug auf Paik, wie relevant und gegenwärtig dessen Ideen noch heute sind. Das Begleitprogramm besteht aus Führungen durch die Ausstellung, Filmen rund um Paiks Werk, kreativen Workshops und zahlreichen Vermittlungs- und Bildungsangeboten.
Treffpunkt: Eingang zur Sonderausstellungsfläche, Ebene 6